Rechte, rassistische und antisemitische Gewalt in Deutschland 2019 – Jahresbilanzen der Opferberatungsstellen

12.05.2020

Um der Öffentlichkeit und Medien einen Überblick über die von den unabhängigen Opferberatungsstellen registrierten rechten, rassistischen und antisemitischen Angriffe, Bedrohungen und existenzgefährdender Sachbeschädigungen zu ermöglichen, veröffentlichten die im VBRG zusammengeschlossenen Opferberatungsstellen jährlich die Bilanzen ihres Monitorings. Der VBRG hat für das Jahr 2019 alle Jahresbilanzen zusammengefasst und aufgearbeitet.

Übersicht:

Pressemitteilung des VBRG e.V. vom 12.05.2020

Drei Todesopfer und durchschnittlich fünf Angriffe täglich: Jahresbilanz rechte Gewalt 2019

Rechte Gewalt 2019: Vergleich der Bundesländer

Die im VBRG e.V. zusammengeschlossenen Beratungsstellen für Betroffene rechter, rassistischer und antisemitischer Gewalt haben für das Jahr 2019 ein hohes Niveau von rechten Gewalttaten in den fünf ostdeutschen Bundesländern, Berlin, Nordrhein-Westfalen und Schleswig-Holstein dokumentiert. In den acht Bundesländern wurden 1.347 rechts, rassistisch und antisemitisch motivierte Angriffe registriert. Damit wurden in der Hälfte aller Bundesländer im Jahr 2019 täglich mindestens fünf Menschen Opfer rechter Gewalt. Unter den 1.982 direkt davon Betroffenen stieg der Anteil von Kindern und Jugendlichen um 14 Prozent.

Rassismus war auch 2019 – wie schon in den Vorjahren – das bei weitem häufigste Tatmotiv. Rund zwei Drittel aller Angriffe (841 Fälle) waren rassistisch motiviert und richteten sich überwiegend gegen Menschen mit Migrations- oder Fluchterfahrung und Schwarze Deutsche. Eine weitere große Gruppe von Betroffenen rechter Gewalt sind (vermeintliche) politische Gegner*innen (221 Fälle).

Drei Menschen starben in 2019 bei antisemitisch und rassistisch motivierten rechtsterroristischen Anschlägen und in diesem Jahr haben schon zehn Menschen bei dem rechtsterroristischen, rassistisch motivierten Anschlag von Hanau ihr Leben verloren“, sagt Judith Porath vom Vorstand des VBRG e.V.: Am 2. Juni 2019 wurde Dr. Walter Lübcke als so genannter politischer Gegner in Istha bei Kassel (Hessen) regelrecht hingerichtet; die dringend Tatverdächtigen sind seit Jahrzehnten als militante Neonazis bekannt und organisiert. Am 9. Oktober 2019 überlebten mehr als 50 Menschen in der Synagoge von Halle (Saale) nur durch glückliche Umstände den antisemitischen Anschlag an Yom Kippur. Die Passantin Jana L. erschoss der Attentäter in unmittelbarer Nähe der Synagoge, bevor er den nahen „Kiez Döner“ stürmte, dort den Malerlehrling Kevin S. erschoss und weitere Kunden schwer verletzte.

Tatmotivationen rechter Gewalt 2019

Materielle Solidarität statt Schutzlosigkeit und Sonntagsreden

„Der Rechtsstaat lässt die Angegriffenen allzuoft im Stich“, sagt Newroz Duman von der Initiative 19 Februar in Hanau. „Ihre Forderungen nach transparenter Aufklärung und konsequenter Strafverfolgung werden ebenso ignoriert wie die klaren Warnsignale, die es vor dem Anschlag in Hanau aufgrund des Ausmaßes der legalen Bewaffnung des Täters und dessen rassistischen Bedrohungen von Jugendlichen in Hanau-Kesselstadt gab.“

„Die mit Antisemitismus, Rassismus und Rechtsterrorismus verbundene Botschaft, dass die Angegriffenen vom Staat nicht geschützt werden, beeinflusst das demokratische Zusammenleben und den Alltag vieler Menschen, deren Privatadressen auf den Todes- und Feindeslisten der extremen Rechten kursieren“, betont Judith Porath vom VBRG. „Oft stehen die Angegriffenen buchstäblich vor den Trümmern ihrer Existenz, ohne dass staatliche Unterstützung existiert.“

Grafik zu den Straftatbestände rechter Gewalt 2019

Straftatbestände rechter Gewalt 2019

Mit einem Offenen Brief wenden sich daher mehr als 50 prominente Vertreter*innen von Sozialverbänden, Gewerkschaften, Bürgerrechtsorganisationen, Intellektuelle, Abgeordnete von SPD, Grünen und Linken sowie Barbara John, die Ombudsfrau der Bundesregierung für die Hinterbliebenen und Opfer des NSU-Terrors an Bundesjustizministerin Christine Lambrecht, um die bisherige Lücke bei den staatlichen Entschädigungsleistungen für die Angegriffenen zu schließen. „Die Hinterbliebenen und Überlebenden rassistischer, antisemitischer und rechter Gewalt benötigen dringend materielle Solidarität statt Sonntagsreden“, so Porath.

Expert*innen befürchten weitere Normalisierung von Antisemitismus und Rassismus in der Coronakrise

In der Coronakrise sehen wir schon jetzt eine weitere Normalisierung von Antisemitismus und Rassismus, die den gesellschaftlichen Zusammenhalt und die Teilhabe der Angegriffenen bedrohten“, warnen Newroz Duman sowie Prof. Gideon Botsch (Moses Mendelssohn Zentrum Universität Potsdam).  „Bei einigen Protesten gegen die Infektionsschutzmaßnahmen der letzten Wochen tritt, bei aller Unterschiedlichkeit der Teilnehmenden, der dauernd latent vorhandene Antisemitismus hinter dem Verschwörungsdenken nun offen zutage “, sagt Prof. Dr. Gideon Botsch.  „Die sehr rasante Dynamik der Aufheizung seit ca. drei Wochen– von Regelverletzungen über aggressives Verhalten und Drohungen bis zu ersten Gewalttaten – lässt neue rechtsterroristische Radikalisierungsschübe befürchten.“

Betroffene Rechter Angriffe im Vergleich 2009 – 2019

Betroffene rechter Angriffe im Vergleich seit 2009

Rechte Gewalt in 2019: Rückgang in Ostdeutschland, Anstieg in Berlin

In den acht Bundesländern in Ostdeutschland, Berlin, Schleswig-Holstein und Nordrhein-Westfalen, in denen ein unabhängiges Monitoring rechter Gewalt durch die Opferberatungsstellen möglich ist, sank zwar die Anzahl der in 2019 registrierten rechten Gewalttaten im Vergleich zum Vorjahr um rund zehn Prozent. Die Entwicklung ist in den Bundesländern jedoch uneinheitlich. Gemessen an der Einwohnerzahl hat rassistische und rechte Gewalt in Berlin (10,7 Angriffe pro 100.000 Einwohner*innen) im Vergleich zum Vorjahr deutlich zugenommen, in Sachsen-Anhalt (6,0 Angriffe pro 100.000 Einwohner*innen), Brandenburg (5,6 Angriffe pro 100.000 Einwohner*innen), Sachsen (5,5 Angriffe pro 100.000 Einwohner*innen), Mecklenburg-Vorpommern (5,5 Angriffe je 100.000 Einwohner*innen) und Thüringen (5,0 Angriffe pro 100.000 Einwohner*innen) bleibt rechte Gewalt trotz des Rückgangsauf einem anhaltend hohen Niveau. Wie schon in den Vorjahren ist die Anzahl rechter Gewalt in westdeutschen Flächenländern wie Schleswig-Holstein (1,9 Angriffe pro 100.000 Einwohner*innen) und im bevölkerungsreichsten Bundesland Nordrhein-Westfalen (1,1 Angriffe pro 100.000 Einwohner*innen) geringer.

Rechte Angriffe im Vergleich seit 2009

Rechte Angriffe im Vergleich seit 2009

Diskrepanz zwischen Zahlen der Beratungsstellen und

Strafverfolgungsbehörden

In 2018 hatte das BKA für das gesamte Bundesgebiet lediglich 871 PMK Rechts Hassgewalttaten festgestellt, während die Opferberatungsstellen in den ostdeutschen Bundesländern, Berlin, Nordrhein-Westfalen und Schleswig-Holstein im gleichen Jahr 1.495 rechte Angriffe für acht Bundesländer dokumentiert hatten. „Wir hoffen, dass die Diskrepanz zwischen den durch die Strafverfolgungsbehörden als PMK-Rechts Gewalttaten in 2019 registrierten Angriffen und den Zahlen der Opferberatungsstellen in diesem Jahr geringer ausfällt als im Vorjahr“, sagt Judith Porath.

Pressekonferenz zur Jahresstatistik „Rechte Gewalt 2019“ am 12.05.2020

Statements von Judith Porath (Vorstandsmitglied VBRG, Geschäftsführerin Opferperspektive), Prof. Gideon Botsch (Leiter der Emil Julius Gumbel Forschungsstelle Antisemitismus und Rechtsextremismus am Moses Mendelssohn Zentrum) und Newroz Duman (Traumapädagogin und Sprecherin der Initiative 19. Februar aus Hanau) in der Bundespressekonferenz.

Pressespiegel:

Tagesschau.de: [VIDEO] Schwerpunkt: Zunahme rechtsgerichteter Gewalt, 12.05.2020
Tagesschau.de: [VIDEO] Jahresstatistik 2019: Ausmaß von rechter Gewalt und Rechtsterrorismus, 12.05.2020
Deutschlandfunk: [AUDIO] Rechte Gewalt in Deutschland – Jahresstatistik für das Jahr 2019, 12.05.2020
Zeit Online: Täglich durchschnittlich fünf Opfer rechter Gewalttaten, 12.05.2020
Spiegel Online:
Zahl rechter Gewalttaten in Deutschland weiterhin hoch, 12.05.2020
ZDF:
Täglich fünf Opfer rechter Gewalttaten, 12.05.2020
Tagesspiegel.de: Opferberatungen befürchten rechtsterroristische Radikalisierung, 12.05.2020
FAZ Online: Rechtsextreme Gewalt: Experten befürchten Auftrieb für Antisemiten durch Corona-Proteste, 12.05.2020
Jüdische Allgemeine:
Mehr als 1300 rechtsextreme Angriffe, 12.05.2020
Taz Online: Fünf Gewaltverbrechen täglich, 12.05.2020
Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND): Beratungsstellen zählten für 2019 täglich fünf rechtsextreme Angriffe, 12.05.2020
Beltower News: Drei Tote und im Durchschnitt mindestens fünf Angriffe täglich – in acht Bundesländern, 12.05.2020
Blick Nach Rechts: Jeden Tag fünf rechte Angriffe, 12.05.2020
Inforadio des RBB: [AUDIO] Rechte Gewalt: „Größte Bedrohung der inneren Sicherheit“, 12.05.2020
Augsburger Allgemeine:
So oft werden Menschen zum Opfer rechter Gewalt, 05.06.2020

 

Pressemitteilungen zu den Jahresbilanzen 2019 der Opferberatungsstellen:

Berlin: Pressemitteilung ReachOut Berlin vom 11.03.2020
Brandenburg: Pressemitteilung Opferperspektive e.V. vom 12.03.2019 / Jahresstatistiken 2002 – 2019
Mecklenburg-Vorpommern: Pressemitteilung LOBBI vom 26.03.2019
Nordrhein-Westfalen: Pressemitteilung Opferberatung Rheinland [OBR] und BackUp vom 27.04.2020
Sachsen-Anhalt: Pressemitteilung Mobile Opferberatung Sachsen-Anhalt vom 04.04.2020
Sachsen: Pressemitteilung des RAA Sachsen e.V. vom 18.03.2020 / Jahresstatistiken 2006 – 2019
Schleswig-Holstein: Pressemitteilung zebra e.V. vom 26.03.2020
Thüringen: Pressemitteilung Opferberatungsstelle ezra vom 18.03.2020

Jahresbilanzen, Statistiken und Einschätzungen der VBRG-Mitgliedsorganisationen 2019

Situationsbeschreibung der Beratungsstelle B.U.D. für Bayern 2019

Anstieg der Beratungsfälle und Rassismus als häufigstes Tatmotiv im Jahr 2019

Im Jahr 2019 konnte B.U.D. große Vernetzungsarbeit leisten und viele Kontaktbriefe über Polizeistellen an Betroffene weiterreichen.
B.U.D. führt aufgrund geringer Ressourcen kein eigenständiges Monitoring durch. Zivilgesellschaftliche Organisationen stellten ebenso wie B.U.D. aber weiterhin eine große Anzahl rechter Gewalttaten fest. Antisemitische Vorfälle werden seit April 2019 durch die Recherche- und Informationsstelle RIAS Bayern erfasst, darunter auch zahlreiche für die Opferberatung relevante Fälle.

Insgesamt bildeten bei den Beratungsfällen rassistische Vorfälle den Schwerpunkt, davon richtete sich fast die Hälfte gegen Geflüchtete. Vermehrt kamen Vorfälle, die sich gegen politische Gegner_innen richten, in unsere Beratungsstelle.

2019 war die Beratungsstelle B.U.D. in Bayern in ähnlich vielen Fällen aktiv wie im Jahr 2018, mit einem leichten Rückgang an längeren Beratungsfällen. Kürzere telefonische Beratungen und Informationen und proaktive Kontaktangebote nahmen hingegen zu.

Der Beratungsstelle B.U.D. sind auch 2019 vor allem Angriffe aus rassistischer Motivation bekannt geworden. Körperliche Angriffe bildeten den Großteil der Delikte, aber auch Sachbeschädigungen und Bedrohungen waren häufigere Delikte. In einigen Fällen wurden zivilrechtliche und strafrechtliche Ermittlungen gegen die Betroffenen angestrengt.

Neben körperlichen Angriffen, Sachbeschädigungen und direkten Bedrohungen auf der Straße, ließen sich zahlreiche Vorfälle rechter, rassistischer und antisemitischer Drohbriefe, Drohmails und öffentlicher Drohungen in Sozialen Medien beobachten. Auch sogenannte Shitstorms, die von rechten Internetseiten und Akteur_innen losgetreten werden, treffen viele Personen – oft auch völlig unerwartet. Diese niedrigschwellige und doch konkrete Form der Bedrohung ist für Betroffene sehr belastend. Die strafrechtliche Verfolgung ist in solchen Fällen oft schwierig, ebenso die Einschätzung der konkreten Gefährdung der Personen.

Die Beratungsstellen sind hier mit relativ neuen und ungleich diffuseren Gefährdungslagen und Problematiken konfrontiert, deren professionelle Bearbeitung hohe Anforderungen stellt und vieler Ressourcen bedarf.

Immer wieder kommt es auch zu Gegenanzeigen und klassischer Täter-Opfer-Umkehr, wenn die von rechter Gewalt Betroffenen sich auf der Anklagebank wiederfinden. Besonders in Fällen von rassistischer Polizeigewalt und bei Gewalt gegen Geflüchtete generell, lässt sich dies beobachten. Die Folgen für die Betroffenen sind juristisch, aufenthaltsrechtlich und psychisch enorm.

Auch für die Beratungsarbeit sind derlei Fälle zeitintensiv und herausfordernd, weil viele „gängige“ Ansätze und Kontakte nicht zum Greifen kommen können.

Situationsbeschreibung der Beratungsstelle BEFORE in München

Diskriminierung und rechte, rassistische Gewalt bleiben für viele Münchener*innen Alltag

Die Opferberatung für rechte, gruppenbezogen menschenfeindliche Gewalt bei BEFORE hat im Jahr 2019 in insgesamt 114 Fällen 146 Betroffene beraten. Die Zahl von Fällen ist damit weiter rasant gestiegen: 2018 waren es noch 79 Fälle.

Rassismus war auch 2019 das bei weitem häufigste Tatmotiv, in 95 Fällen spielte es eine Rolle. 14 Mal beriet und begleitete BEFORE Betroffene nach Attacken, bei denen die Angreifer*innen sich auf ihre politische Einstellung bezogen und/oder sie als nicht-rechts bzw. „alternativ“ einordneten.

Die meisten Angriffe, nach denen BEFORE 2019 Betroffene beriet – insgesamt 46 – ereigneten sich im öffentlichen Raum. Elf Attacken fanden im Wohnumfeld der Betroffenen statt, sodass direkt ihr privater Rückzugsraum angegriffen wurde.

Bedrohungen, Beleidigungen und einfache Körperverletzungen – diesen Arten von Angriffen sahen sich Ratsuchende 2019 besonders häufig ausgesetzt. Insgesamt werden die Formen rechter und gruppenbezogen menschenfeindlicher Angriffe in München zahlreicher. Neben strafrechtlich relevanten Strategien finden viele Attacken auf Betroffene unter der Schwelle der Strafbarkeit statt. Menschen werden zum Beispiel mit Hasskommentaren, Falschverdächtigungen oder Gegenanzeigen überzogen. Besonders im Umfeld rechter Veranstaltungen werden Betroffene zunehmend zum Ziel solcher Angriffsstrategien. Viele Angriffe wie zum Beispiel personalisierte Hetzkampagnen ereignen sich online und werden auf rechten Internet-Plattformen weiterverbreitet, die immer wieder auch personenbezogene Daten Betroffener veröffentlichen.

Dass die bayerischen Behörden Betroffene auf rechten Feindeslisten nicht informieren, sorgt für Unsicherheit. Die Unterstützung durch Beratungsstellen wie BEFORE wird für Betroffene noch wichtiger: Wir helfen Personen, die sich Sorgen machen, ob sie auf einer Liste stehen, bei Anfragen und dem Umgang mit der Gefährdungssituation.

Die fehlende Wahrnehmung rechter und gruppenbezogen menschenfeindlicher Angriffe durch die zuständigen Behörden ist weiterhin ein großes Problem. Fast die Hälfte der Fälle rechter Angriffe, in denen BEFORE 2019 Betroffene beraten hat und die zur Anzeige gebracht wurden, wurden von der Polizei nicht als rechtsmotiviert eingeordnet! Die Behörden sprechen den Betroffenen in 40 Fällen damit ihre Perspektive ab und machen die Taten in den Statistiken somit unsichtbar.

Das Gedenken an die Betroffenen der zahlreichen rechten Gewalttaten in München war auch 2019 leider nicht sehr präsent. Viele Attacken wie der Anschlag auf die Bar „Liverpool“ im Jahr 1984 sind heute in Vergessenheit geraten und die Erinnerung an andere Taten wie die Morde des NSU wird nur von wenigen Menschen aufrechterhalten. Das aktive Gedenken auch in München als Brennpunkt rechter Gewalttaten in der Stadtgesellschaft zu verankern, ist daher ein wichtiger Teil der Arbeit von BEFORE.

Download: Vollständige Pressemitteilung der Beratungsstelle BEFORE zur Situation 2019 [PDF, 130 KB]

Situationsbeschreibung der Beratungsstelle LEUCHTLINIE in Baden Württemberg

Baden Württemberg: Zunahme der Beratungen bei LEUCHTLINIE um ein Drittel

2019, im Jahr vier ihres Bestehens, verzeichnete die Beratungsstelle für Betroffenen von rechter Gewalt in Baden-Württemberg,“LEUCHTLINIE“ ein kontinuierliches Ausmaß der Fälle von rechter Gewalt im Bundesland, aber einen deutlichen Anstieg der in Anspruch genommenen Beratungen.

Über das bei LEUCHTLINIE in Stuttgart etablierte Monitoringsystem wurden im gesamten Jahr 2019 insgesamt 431 Vorfälle rechter – oder als solche im Verdacht stehender – Straf- und Gewalttaten in Baden-Württemberg erfasst, im Jahr 2018 lag diese Zahl bei 464. Die erfassten Vorfälle wurden und werden weiterhin als Chronik auf der Homepage von LEUCHTLINIE veröffentlicht.

Insgesamt 191 Vorfällen ging das LEUCHTLINIE-Beratungsteam nach – ein konstanter Wert im Vergleich zum Vorjahr. Auf 123 dieser Vorfälle wurden wir über unser Monitoring aufmerksam und versuchten anschließend Kontakt zu den Betroffenen aufzunehmen. Bei den weiteren 68 Vorfällen wurden wir direkt kontaktiert, entweder über unsere Webseite, per E-Mail oder per Telefon-Hotline.
Im Vergleich zu den Vorjahren hat sich der Anteil an Personen, die sich direkt an die Beratungsstelle LEUCHTLINIE wendeten, deutlich erhöht. Wir erkennen darin einen Effekt der eingesetzten Maßnahmen der Öffentlichkeitsarbeit, wie etwa die mehrsprachigen Flyer oder auch die Kino-Spots, die zu einer gesteigerten Sichtbarkeit und Bekanntheit der Beratungseinrichtung geführt haben.

Grundsätzlich richtet sich rechte Gewalt gegen bestimmte Bevölkerungsgruppen, die pauschal abgelehnt werden, was mit dem Begriff „Gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit“ (GMF) beschrieben wird. Von den 191 Vorfällen, die von LEUCHTLINIE bearbeitet wurden, schätzten wir 162 als GMF motiviert ein, 4 als nicht GMF motiviert und bei 25 blieb dies unklar. Von den 162 GMF motivierten Vorfällen hatten – nach den uns vorliegenden Angaben – 100 einen fremdenfeindlichen, rassistischen oder muslimfeindlichen Hintergrund. 28 der Vorfälle richteten sich gegen politisch Andersdenkende, 11 der Vorfälle richteten sich gegen Personen auf Grund ihrer Rolle oder Funktion (z.B. Zeug_innen) und 10 gegen jüdische Menschen. Andere Tatmotive, mit denen wir vereinzelt konfrontiert waren, waren Ablehnung von LSBTIQ*-Menschen, obdachlosen Menschen, Sexismus, Antiziganismus und Menschen mit Behinderung.

Insgesamt hatten wir bei 172 aus den 191 nachgegangenen Vorfällen Hinweise darauf, dass eine rechte Gewalttat vorlag. Die Gewalttaten, die in diesen Fällen begangen wurden, stuften wir ein als Beleidigungen (in 51 Fällen), Bedrohungen bzw. Nötigungen (in 44 Fällen), Körperverletzungen (in 38 Fällen), Sachbeschädigungen (in 19 Fällen), versuchte Körperverletzung (in 13 Fällen), Brandstiftungen (in 7 Fällen), versuchte Tötung (in zwei Fällen) und Tötung (in einem Fall).

2019 haben wir insgesamt 98 Menschen beraten, die von rechter Gewalt betroffen waren. Damit verzeichnete LEUCHTLINIE einen Anstieg bei den Beratungsprozessen um ein Drittel gegenüber dem Vorjahr (2018: 74). Vor diesem Hintergrund ist die im Herbst 2019 vollzogene Mitgliedschaft von LEUCHTLINIE im Bundesverband der Beratungsstellen für Betroffene von rechter, rassistischer und antisemitischer Gewalt e.V. (VBRG) ein besonders wertvoller Schritt zur Professionalisierung der Beratungsarbeit und zur Qualifizierung der Berater_innen.

Pressemitteilung ReachOut Berlin vom 11.03.2019

2019 stieg die Zahl der Angriffe in Berlin um 26% auf 390 Taten

Fast jeden Tag werden mehrere extrem rechte, rassistische und antisemitische Angriffe in Berlin begangen. Rassismus ist das häufigste Motiv. Die Zahl steigt auf 390 Taten und somit um mehr als 26 %.

ReachOut, die Berliner Beratungsstelle für Opfer rechter, rassistischer und antisemitischer Gewalt, verzeichnet mit 390 Angriffen für das Jahr 2019 einen traurigen Rekord für Berlin. Das ist ein Anstieg um 81 Gewalttaten und massive Bedrohungen im Vergleich zu 2018. Mindestens 509 Menschen werden verletzt und bedroht.

Insgesamt erfasst ReachOut 390 Angriffe für das Jahr 2019 (2018: 309). Mindestens 509 (2018: 423) Menschen werden verletzt, gejagt und massiv bedroht. Darunter sind 32 Kinder und 31 Jugendliche. Dazu mussten 14 Kinder miterleben, wie ihre Eltern oder Freund*innen geschlagen, bespuckt und gedemütigt wurden.

Mit 219 Taten sind weit mehr als 55% der Angriffe rassistisch motiviert (2018: 167 von 309). Die LGBTIQ*-feindlichen Angriffe sind ebenfalls auf 105 Taten gestiegen (2018: 63). Die antisemitischen Gewalttaten sind von 44 auf 31 gesunken. Die Attacken und Bedrohungen gegen politischen Gegner*innen sind ebenfalls gesunken. Gegen sie richteten sich 17 Angriffe (2018: 23). Zudem erfuhr ReachOut von 10 Angriffen gegen obdachlose Menschen.

Für das zurückliegende Jahr verzeichnet ReachOut die höchsten Angriffszahlen seit der Gründung des Projektes in 2001.

Bei den meisten von ReachOut dokumentierten Angriffen handelt es sich um Körperverletzungen (219), gefährliche Körperverletzungen (121) und massive Bedrohungen (43). Zudem mussten wir 2 versuchte Tötungen dokumentieren:

Im September wird in Mitte auf einen 51-jährigen obdachlosen Mann, der auf einer Bank in der Panoramastraße schläft, von einem 53-jährigen Mann mit einem abgebrochenen Flaschenhals eingestochen. Der 51-Jährige wird verletzt.

Im Juni werden in Treptow in der Nacht zwei Schüsse auf die Wohnungstür einer geflüchteten Familie in Adlershof abgegeben. Die Metallkugeln bleiben in der Tür stecken. Zuvor wurde die Familie wiederholt rassistisch motiviert beleidigt. Zaun und Briefkasten wurden zerstört.

Von den insgesamt 219 rassistisch motivierten Taten wissen wir, dass 34 Angriffe antimuslimisch motiviert sind, sich 30 gegen Schwarze Menschen und 5 gegen Sinti und Roma richten.

Die meisten Angriffe finden in den innerstädtischen Bezirken statt.

Im Bezirk Mitte (mit den Stadteilen Mitte: 45, Wedding: 30 und Tiergarten: 22) finden insgesamt 97 (2018: 62) und somit stadtweit die meisten Angriffe statt. Die häufigsten Tatmotive sind dort: Rassismus mit 50 Angriffen, LGBTIQ*-Feindlichkeit mit 28 und Antisemitismus mit 8.

In Neukölln dokumentiert ReachOut 56 (2018: 43) Angriffe. Stadtweit die meisten LGBTIQ*feindlichen Taten (21) geschehen dort. 26 Angriffe sind rassistisch motiviert. 7 Taten in Neukölln richteten sich gegen politische Gegner*innen. Darunter auch eine Bedrohungsserie in der Nacht des 22. März, bei der in Nord-Neukölln extrem rechte Morddrohungen gegen namentlich erwähnte Bewohner*innen, die sich gegen rechts engagieren, gesprüht wurden.

Die meisten Gewalttaten in Schöneberg (16 von insgesamt 24) und Kreuzberg (13 von 30) richten sich ebenfalls gegen die sexuelle Identität oder Orientierung der Betroffenen. Dabei handelt es sich um die Bezirke, in denen es Treffpunkte und Partymöglichkeiten gibt und viele der Betroffenen davon ausgehen, dass sie sicher sind.

Darüber hinaus berichten uns Trans*Personen, dass gerade viele neue Clubs, Kneipen und Treffpunkte entstanden sind und die Szene ein neues Selbstbewusstsein entwickelt. Deswegen sind Trans*Personen auch sichtbarer in der Öffentlichkeit. Zuvor hat sich die Szene eher in privaten Räumen getroffen. Gerade in Neukölln lässt sich aber auch beobachten, dass sich die Betroffenen von LGBTIQ*-feindlichen Angriffen organisieren und zu Kundgebungen und Demos aufrufen.

Weitere Angriffsschwerpunkte dokumentieren wir in den Stadtteilen Friedrichshain (23), Lichtenberg (20), Köpenick (17), Treptow (15) und Pankow (12). Dort überall ist Rassismus das häufigste Motiv.

136 Angriffe werden auf Straßen und Plätzen verübt (2018: 139). An Haltestellen, Bahnhöfen und in öffentlichen Verkehrsmitteln geschehen 111 Gewalttaten und Bedrohungen (2018: 62).

Waren es 2018 insgesamt noch 71 Taten, die im direkten Wohnumfeld, dem Arbeitsplatz, in Kneipen, Supermärkten, bei Sport- und Freizeitveranstaltungen oder auch in Bildungstätten verübt wurden, verzeichnet ReachOut an diesen Orten für 2019 121 Taten.

Sabine Seyb schätzt die Entwicklung der Angriffszahlen mit Blick auf die Angriffsorte so ein: „Wir beobachten verstärkt eine Enttabuisierung und Enthemmung bezüglich der Gewalt auf ausgegrenzte und diskriminierte Bevölkerungsgruppen. Insbesondere wenn wir sehen, dass die Angriffe vermehrt in geschlossenen Räumen, wie dem direkten Wohnumfeld und anderen Orten, die nicht dem öffentlichen Raum zugerechnet werden können, stattfinden. Das ist deswegen so besorgniserregend, weil sich die Betroffenen dort bis dahin relativ sicher gefühlt haben. All dies sind Orte, an denen die Täter*innen leichter identifizierbar sind, als beispielsweise auf der Straße oder an Haltestellen. Dennoch gehen sie davon aus, mit ihrer Meinung und ihrem Handeln akzeptiert und sicher zu sein.“

ReachOut befürchtet, dass die antimuslimisch motivierten Morde in Hanau kein Wendepunkt für die Politik sein werden. Die momentanen Betroffenheitsbekundungen der politisch Verantwortlichen, die eilig einberufenen Gesprächsrunden sind wohl, ähnlich wie nach der Selbstenttarnung des NSU, in einigen Wochen wieder vergessen.

Dabei sollten die öffentlich geführten rassistischen Debatten und der institutionelle Rassismus vor allem in den Ermittlungsbehörden, der Justiz und in den Bildungseinrichtungen benannt und gestoppt werden. Institutioneller Rassismus und die Handlungen, die daraus resultieren, tragen auch dazu bei, was auf den Straßen täglich an rassistischer Gewalt geschieht. Die Täter*innen fühlen sich in ihrem Handeln bestärkt und ermutigt. In den migrantischen Communities und Netzwerken wundern sich die Aktivist*innen nicht, dass der Täter in Hanau eine Shishabar ausgewählt hat. Denn durch die Art und Weise wie Razzien in Shishabars, beispielsweise in Neukölln, durchgeführt werden, entstehen Bilder einer Gefahr, die zutiefst rassistisch sind. Die Folge ist, dass ganze Bevölkerungsgruppen unter Generalverdacht geraten und der antimuslimische Rassismus weiter geschürt wird.

So schreibt beispielsweise die Autorin Seyda Kurt auf Twitter: „Eine Shishabar ist nicht irgendein Ort, sondern ein Raum für diejenigen, die aufgrund ihres Aussehens keinen Zugang zu anderen Orten haben, in Klubs beispielsweise nicht eingelassen werden.“

„Statt sich wiederholende Betroffenheitsbekundungen von Politiker*innen und deren Appelle an die Zivilgesellschaft müssen langfristige Strategien gegen alle Formen von Rassismus auf den Weg gebracht werden“, so Sabine Seyb.

Für Berlin fordert ReachOut eine Enquête-Kommission gegen Rassismus, in der Handlungsstrategien gemeinsam mit den Expert*innen aus den Communities, ihren Projekten und Vereinen entwickelt werden. Zudem muss dann auch die Umsetzung der beschlossenen Maßnahmen konsequent durchgesetzt werden.

„Noch immer fehlt in der Berliner Staatsanwaltschaft eine Ansprechperson für diejenigen, die aus rassistischen Gründen Straftaten erleiden müssen. Das wäre angesichts der hohen Angriffszahlen ein klares Signal gegenüber den Täter*innen und ein erster Schritt in die richtige Richtung gegenüber den Opfern“, so Sabine Seyb.

ReachOut fordert darüber hinaus mit den Betroffenen und den Aktivist*innen einen Untersuchungsausschuss im Berliner Abgeordnetenhaus zu den Anschlägen und Morden in Neukölln. Dies wäre eine Chance, Transparenz in die Arbeit der Behörden zu bringen und die bisherigen Ermittlungen auf den Prüfstand zu stellen und kritisch zu hinterfragen.

Weitere Einzelheiten zu den Angriffszahlen entnehmen Sie bitte den Grafiken und der Tabelle “Rechte, rassistische und antisemitische Angriffe in Berlin„. In der Tabelle geben wir einen Rückblick auf die Entwicklungen der letzten 10 Jahre.

Pressemitteilung Opferperspektive e.V. vom 12.03.2019

2019: Keine Sicherheit vor rechter Gewalt

Bedrohungslage nimmt zu – trotz Rückgang registrierter Angriffe

Nach dem drastischen Anstieg seit 2015 kann die Opferperspektive für 2019 einen deutlichen Rückgang bei rechten Übergriffen in Brandenburg vermelden. Die Beratungsstelle registrierte im Jahr 2019 142 rechte Gewaltdelikte, 32 weniger als im Vorjahreszeitraum (174). Damit bewegen sich die Angriffszahlen auf dem – dennoch hohen – Niveau der Jahre 2004 bis 2006.

Judith Porath, Geschäftsführerin des Vereins Opferperspektive, warnt: „Nach Kassel, Halle und zuletzt Hanau ist die Bedrohungslage durch rechten Terror gestiegen. Betroffene sind zu recht verunsichert und fühlen sich nicht geschützt. Rechte Angriffe und Bedrohungen können jederzeit und überall passieren.“

Ein Großteil der von der Opferperspektive gezählten Attacken waren rassistisch motiviert (106), prozentual ging ihr Anteil allerdings auf 75 Prozent der Gesamtzahl zurück (2018: 86 Prozent). Dennoch: Dass dreiviertel aller rechten Gewalttaten eine rassistische Motivation zu Grunde lag, zeugt nach wie vor von einer erschreckend großen Gewaltbereitschaft gegenüber allen Menschen, denen eine nicht-deutsche Herkunft zugeschrieben wird, die eine nicht-weiße Hautfarbe haben, oder die nach Brandenburg flüchten mussten.

Insgesamt waren 2019 mindestens 242 Menschen direkt von rechter Gewalt betroffen. Heraus sticht die hohe Anzahl von Übergriffen gegen Kinder und vor allem Jugendliche. 39 Prozent aller Betroffenen von rechten Gewaltdelikten im Land Brandenburg waren zum Tatzeitpunkt minderjährig – das ist ein trauriger, bisher unerreichter Höchstwert und ein starker Anstieg gegenüber dem Vorjahr (2018: ca. 20 %).

Die Mehrzahl der Angriffe zählte die Opferperspektive im nordlichen Brandenburg, während die Zahl der Angriffe in den Kreisen im Süden zurückgingen. Im Norden sind es die Landkreise Oberhavel und die Uckermark, die an der Spitze der Statistik stehen (beide je 18 Angriffe). Der Rückgang im Süden Brandenburgs ist maßgeblich durch den Rückgang der Gewaltmeldungen in Cottbus zurückzuführen. Hier zählte die Beratungsstelle 2018 noch 35, in 2019 dagegen 14 rechte Gewalttaten. In der Stadt Potsdam ist ein Anstieg auf 17 Angriffe zuverzeichnen (2018: 11).

Im Hintergrundpapier zur Jahresstatistik 2019 finden sich ausführlichen Analysen sowie die grafische Aufbereitung der Statistik. Die Grafiken sind unter Nennung der Quelle (Peer Neumann/ Opferperspektive) frei verwendbar.

Verweis: Jahresstatistiken rechter Gewalt in Brandenburg seit 2002

Download: Hintergrundpapier zu rechter Gewalt in Brandenburg 2019 [PDF]
Download: Rechte Gewalt 2019 in Brandenburg als Grafiken [PDF]

Situationsbeschreibung der Beratungsstelle Soliport für Bremen 2019

Verschärfung rechter, rassistischer und antisemitischer Gewalt im Bundesland Bremen

Insgesamt nehmen wir eine Intensivierung und Verschärfung rechter, rassistischer und antisemitischer Gewalt im Bundesland Bremen wahr. Wir beobachten einen Anstieg tätlicher und teilweise mit Messer oder Fackel bewaffneter Angriffe. Diese Körperverletzungen mit vorausgehender Beleidigung fanden vor allem an Haltestellen, in der Straßenbahn und auf der Straße statt und wurden sowohl durch einzelne Täter*innen als auch Gruppen verübt, darunter organisierte Neonazis. Die Tatmotive der körperlichen Angriffe waren (islamfeindlicher und/oder antischwarzer) Rassismus sowie politische Gegner*innenschaft und Homofeindlichkeit. Betroffen sind zwischen einer und vier Personen, darunter auch Jugendliche.

In Bremerhaven sind Anfeindungen und Bedrohungen gegen linke Aktivist*innen durch organisierte Neonazis im Vergleich zum Vorjahr zurückgegangen, blieben aber bedrohlicher Bestandteil des Alltags. Im gesamten Bundesland mussten Menschen rassistische und homofeindliche Beleidigungen und Diskriminierung insbesondere im öffentlichen Raum und am Arbeitsplatz erleben und erfuhren in der konkreten Situation keine Solidarität. So musste ein Betroffener, der in einer Straßenbahn rassistisch beleidigt und körperlich bedrängt wurde, aus Selbstschutz die Straßenbahn verlassen – ihm kam niemand zur Hilfe. Zudem haben sich Propagandadelikte und Sachbeschädigungen verschärft. Wir beobachten eine hohe Intensität von Sprühereien und Aufklebern mit rechtsmotivierten Symbolen und Parolen im öffentlichen Raum – darunter mehrere Propagandadelikte und/oder Sachbeschädigungen, die in den persönlichen Nahbereich hinein gehen und dadurch das Sicherheitsempfinden von Betroffenen gefährden. Beispiele hierfür sind Hakenkreuz-Schmierereien in privaten Hauseingängen sowie an Garagentoren und Autos, die durch antisemitische Parolen und Bedrohungen begleitet wurden, oder eine rassistische Parole, welche Täter*innen im Zusammenhang mit einem Einbruch auf einer Arbeitsplatte in einem Restaurant hinterließen. Beunruhigend auch im Bundesland Bremen sind mehrere antisemitische Vorfälle wie ein massives Verkleben von Stickern mit antisemitischen
Aussagen an der Bremer Synagoge oder ein antisemitischer Boykottaufruf zu einem israelischen Geschäft.

Eine rechtsextreme Bombendrohung gegen zwei Bremer Gerichte, eine Todesdrohung gegen einen Politiker von Die Linke sowie der tätliche Angriff der organisierten und inzwischen aufgelösten Neonazi-Gruppe Phalanx 18 lassen sich als in Ansätzen oder potentiell rechtsterroristische Aktivitäten beschreiben und in Hinblick auf organisierte Neonazi-Zusammenhänge eine erneuerte Qualität im Bundesland Bremen erkennen.

Aus diesen Beobachtungen für 2019 lassen sich mindestens drei Herausforderungen für die Beratungsarbeit ableiten: Erstens gilt es, noch stärker über die Notwendigkeit sowie Möglichkeiten einer Solidarisierung mit Betroffenen zum Beispiel im öffentlichen Nahverkehr zu informieren, zweitens einer Verharmlosung, Bagatellisierung und Relativierung rechter, rassistischer und antisemitischer Gewalt in den Medien, bei den Ermittlungsbehörden, in der Justiz und durch die Politik entgegenzuwirken, drittens Opferschutzrechte zu stärken.

soliport, 7. Mai 2020

Situationsbeschreibung der Beratungsstelle Response für Hessen 2019

„Response beobachtete im letzten Jahr ein besorgniserregendes Erstarken der rechten und rechtsextremen Szene in Hessen, welche mit immer größerem Selbstbewusstsein auch öffentlich auftritt“

Mit diesen Worten warnte Response bereits 2017 vor einer zunehmenden Gefahr durch ein Erstarken rechter Strukturen und durch immer virulentere rechtspopulistische Diskurse und Haltungen bis in die Mitte der Gesellschaft. Das Jahr 2019 stellt in vielerlei Hinsicht den bisherigen Höhepunkt dieser Entwicklung dar:
Eine Anschlagserie auf linke Wohnprojekte im Rhein-Main-Gebiet, ein antimuslimischer Angriff auf eine schwangere Frau in Frankfurt, der Mord an Walter Lübcke in Kassel, die Schüsse auf einen Eritreer in Wächtersbach, die Schüsse mit Stahlkugeln auf Geflüchtete in Taunusstein bis zu den mit NSU2.0 unterzeichneten Morddrohungen gegen eine Frankfurter Anwältin und dem daraus folgenden Skandal um rechtsextreme Einstellungen in der Hessischen Polizei. Mit dieser drastischen Liste, aber auch anhand vieler weiterer Bedrohungen, Angriffe und Anfeindungen wird sichtbar, wie die Situation in Hessen weiterhin als gefährlich bewertet werden muss.

Betroffene berichteten in Beratungsgesprächen von Einschüchterungen, Bedrohungen und körperlichen Angriffen sowie von vielfältiger und wiederholter rassistischer und antisemitischer Gewalt, die sich neben akuten Vorfällen meist durch weite Teile ihrer Biografie ziehen. Die geballte Botschaftswirkung der Situation in Hessen äußerte sich durch eine besonders angespannte Stimmung und gestiegenen Ängsten.

Response registrierte 2019 hessenweit 209 rechte, rassistische und antisemitische Vorfälle mit Betroffenen, davon 34 Gewaltvorfälle nach den Kriterien des VBRG. Rassistische Tatmotivationen spielen im großen Teil der Vorfälle eine Rolle. Daneben wurden antisemitische Angriffe und Bedrohungen, Anfeindungen gegen politisch aktive Personen, sozialdarwinistische und transfeindliche Vorfälle sichtbar. Mit 134 neuen Beratungsfällen stieg die Zahl der Beratungen um 30% im Vergleich zum Vorjahr.

Zur Dokumentation rechter und rassistischer Vorfälle wurde die Online-Meldestelle www.hessenschauthin.de gestartet. Das Meldeformular wurde in engem Austausch mit zivilgesellschaftlichen Akteuren aus Frankfurt und Kassel entwickelt, um Bedarfe sichten und berücksichtigen zu können. Mit dem fortlaufenden Monitoring und der Auswertung der gemeldeten Fälle möchten wir zur Sichtbarmachung des Ausmaßes rechter Gewalt in Hessen beitragen.

Hamburger Verhältnisse rechter, rassistischer und antisemitischer Gewalt
Qualitative Auswertung Hamburg 2019

empower – Beratung für Betroffene rechter, rassistischer und antisemitischer Gewalt
Auch im Jahr 2019 bleibt eine Diskrepanz zwischen Hamburger PMK Rechts-Erhebungen und
dem Monitoring von empower. Nach bundesweiten Zahlen vom BMI sinkt die
Kriminalitätsrate bereits mehrere Jahre in Folge während die Zahlen der PMK stetig
wachsen. Auch empower macht im Rahmen des Monitoring einen Anstieg von rechten,
rassistischen und antisemitischen Vorfällen in Hamburg fest.

In 2019 setzt sich auf gesamtgesellschaftlicher Ebene die deutliche Diskursverschiebung nach
Rechts weiterhin zuspitzend fort. Vor allem antisemitische, rassistische und völkischnationalistische Bilder,
Argumentationen, Kampagnen und Vorhaben beeinflussen die öffentliche Debatte auch in Hamburg.
Besonders die alltägliche Dimension von Antisemitismus und antisemitischer Gewalt ist dabei verstärkt in den Blick öffentlicher
Wahrnehmung geraten; aber auch Hetze und Angriffe gegen Geflüchtete, antimuslimischer
Rassismus und Rassismus gegen Rom_nja und Sinte_zza spielen dabei weiterhin eine
besondere Rolle. Medial ebenfalls beachtet wurde die zunehmende Bedrohung von
Politiker_innen und Aktivist_innen/ Ehrenamtlichen, die sich gegen Rechts, Ausgrenzung,
Rassismus und Antisemitismus engagieren.

Täter_innen sehen sich ermutigt sowohl durch die Normalisierung von nationalistischen,
antisemitischen und rassistischen Debatten als auch durch die Enttabuisierung von Gewalt
gegenüber marginalisierten Personen. Tagtäglich erleben in Hamburg Betroffene Gewalt auf
unterschiedlichen Ebenen (physische, strukturelle oder symbolische Gewalt). Bedrohungen,
Angriffe und körperliche Verletzungen sind Alltag. Rassismus bleibt auch im Jahr 2019 das
häufigste Tatmotiv bei den (Vor-)Fällen in Hamburg. Zudem lässt sich eine Verschärfung von
antisemitischen Äußerungen, Bedrohungen und Angriffen ausmachen. In diesem
Zusammenhang sind auch eine Verschiebung des Sagbaren und eine Absenkung der
Hemmschwellen bei Gewalttaten zu sehen.

Die auch im 2019 häufiger auftauchenden sogenannten „Todes- bzw. Feindeslisten“ durch
Rechte benennen große Gruppen von gesellschaftlichen Akteur_innen als mögliche Opfer
rechter Gewalt und lösen bei Benannten Ängste aus, triggern Erfahrungen an und es
entstehen Beratungsbedarfe – auch unter Beachtung des Umstands, dass nicht nur die auf
der Liste Benannten, sondern auch potentiell Betroffene Adressat_innen dieser Bedrohung
sind, sich der Charakter der Bedrohungslisten als Botschaftstaten deutlich zeigt.
Die Anschläge 2019 in Halle, der Tod Walter Lübckes bei Kassel sowie das Aufdecken von
rechten Verbindungen und Waffenlagern von Polizeibeamt_inen und Bundeswehreinheiten
hatten eine Signalwirkung auf Betroffene und Überlebende in Hamburg. Betroffene,
Migrantische Selbsorganisierungen, Gemeinden und Communities stellen Bezüge zu diesen
und weiteren bundesweiten Vorfällen her. Sie fühlen sich, von Behörden und Politik im Stich
gelassen. Die Botschaft des potenziell betroffen seins führte zu Destabilisierungen. Hierbei
wurden ihren Erfahrungen von Sicherheitsverlust und sowie Vertrauensbrüche in Staat und
Politik verstärkt. Forderungen nach Schutz, transparenter Aufklärung und konsequenter
Strafverfolgung werden wenig erkennbar gehört. Die Intransparenz von Seiten der Politik
und Behörden im Zusammenhang der Offenlegung der Drohbriefe führten bei den
Betroffenen in Hamburg zu Unsicherheiten und erschwerten Prozesse der Verarbeitung des
Geschehens. Betroffene berichten über Unverständnis bezogen auf die politische
Einschätzung einer vermeintlichen Nicht-Gefährdung durch die Listen.

Auch im Jahr 2019 ist in Hamburg ein Untersuchungsausschuss zu dem Mord an Süleyman
Taşköprü und den Verbindungen des NSU nach Hamburg nicht eingesetzt worden. Die
Hamburger Politik will für Hamburg als einziges Bundesland mit einem Tatort keinen
Ausschuss einrichten.

Die Problematik des Rassismus gegen Rom_nja und Sint_ezza, wird bisher in der Hamburger
Öffentlichkeit und Politik kaum in den Blick genommen. Im Hamburger Feld sind kaum gut
aufgestellte Strukturen und fachliche Unterstützungen vorzufinden. Es besteht weiterhin
dringender Handlungsbedarf auf Seiten der Politik und erfordert gesamtgesellschaftliche
Anstrengungen zum Schütz und Solidarität von Hamburger Rom_nja und Sint_ezza.
Ebenfalls wird im Jahr 2019 deutlich, dass sich antirassistisch und antifaschistisch
positionierende Mitarbeiter_innen von Bildungsinstitutionen und Kultureinrichtungen
einschneidende Bedrohungserfahrungen durch rechte Personen, Gruppen sowie Parteien
machen. Hierbei wird auch deutlich, dass Institutionen einen hohen Nachholbedarf haben,
auch strukturell parteilich an der Seite der betroffenen Kolleg_innen und Zielgruppen zu
agieren und diese zu schützen. Nicht zuletzt fehlen Institutionen inhaltliche
Auseinandersetzungen mit den aktuell wirksamen Formen von Antisemitismus und
Rassismus. Daran anknüpfend fehlen hilfreiche Handlungsstrategien und institutionalisierte
Instrumente als auch Rahmenbedingungen.

Aus Sicht des Projekts empower muss auch in Hamburg weiterhin von einer hohen
Dunkelziffer an nicht erfassten Vorfällen auch aus dem Jahr 2019 ausgegangen werden.
Rassismus bleibt auch im Jahr 2019 das häufigste Tatmotiv bei den (Vor-)Fällen in Hamburg.
Auch lässt sich eine Verschärfung von antisemitischen Äußerungen, Bedrohungen und
Angriffen ausmachen. Gleichzeitig lässt sich feststellen, dass Verantwortliche von
Einrichtungen, Wohnungsvermieter_innen sowie Behörden häufig wenig
Handlungsstrategien dagegen in den Blick nehmen wollen. Weiterhin hoch bleiben Vorfälle
im Öffentlichen Raum, im privaten Wohnumfeld sowie weiterhin ansteigend im Internet.
Auch konnten empower im Rahmen Monitoring und der Beratungsarbeit steigende Vorfälle
im Arbeitsumfeld ausgemachen – ausgehend von Kolleg_innen gegen Mitarbeiter_innen
oder Klient_innen. Nicht selten geschehen diese in den Pausen und noch häufiger über  Chats,
in denen auch Leitungen aktiv sind oder diese Anfeindungen – bis hin zu rechten
Bedrohungen – schweigend hinnehmen.

Mitarbeiter_innen sind teilweise in dem Maße belastet, dass sie sich krankschreiben müssen
und häufig den Arbeitsplatz wechseln oder auch in die Arbeitslosigkeit gehen müssen.
Teilweise erstrecken sich diese Vorfälle über mehrere Abteilungen in einem Betrieb. Häufig
stellen wir fest, dass Personal- und Betriebsräte sowie auch Gleichstellungsstellen ohne
Handlungsstrategien und mit wenig Kenntnissen zu Interventionsmöglichkeiten, Rechten
und Pflichten von Betroffenen agieren.

Im Jahr 2019 benötigten ebenfalls mehr Ratsuchende mit Erfahrungen von Angriffen und
Bedrohungen im Kontext von Krankenhaus und Psychiatrie Beratung und Unterstützung.
Auch der Tod von William Tonou-Mbobda im UKE hat bei Schwarzen Ratsuchenden eine
Signalwirkung und mehr Bedrohungserfahrung hervorgerufen.

Vor dem Hintergrund der Recherche- und Monitoringarbeit aus 2019 sowie durch die
erfolgten Beratungen lassen sich ebenfalls potenziell besonders gefährliche Angriffsorte
ausmachen. Hierzu gehören der öffentliche Raum, das Wohnumfeld, Bahnhöfe und
Verkehrsmittel, der Arbeitsplatz sowie nicht zuletzt Bildungsstätten und Unterkünfte. Auch
im Bereich Polizei, Behörden sowie Sport und Freizeit finden regelmäßig Vorfälle statt.
Nicht unerheblich bleiben 2019 weiterhin die Debatten um die vermeintliche NichtZugehörigkeit
von Muslim_innen und Geflüchteten in der deutschen Gesellschaft für die
Zunahmen von antimuslimisch rassistisch motivierten Gewalttaten in Hamburg.
Weiterhin gibt es eine besorgniserregende Bandbreite von rechten, rassistischen und
antisemitischen Tatbeständen – von Sachbeschädigungen, Bedrohungen bis hin zu
versuchten Tötungen. Vor dem Hintergrund der zuspitzend nach Rechts verschobenen
gesellschaftlichen und politischen Debatten macht sich eine Normalisierung von alltäglichen
antisemitischen, rassistischen und rechten Nötigungen und Bedrohungen in allen
gesellschaftlichen Lebensbereichen bemerkbar. Umso dringlicher bleibt die Notwendigkeit
von differenzierten Auseinandersetzungen und Sensibilisierung zu diesen
Gewaltverhältnissen in der Politik, in der Zivilgesellschaft sowie bei der Polizei und Justiz.

Pressemitteilung Lobbi vom 26.03.2020

Rechte Gewalt in Mecklenburg-Vorpommern 2019 – Gefährliche Gewöhnung

Niveau rechter Gewalt bleibt hoch – wieder Angriffe auf Minderjährige, auch in der Schule – Hauptmotiv bleibt Rassismus

Im Jahr 2019 registrierte die LOBBI 89 rechte Angriffe, von denen 127 Menschen direkt betroffen waren. Die Zahl der Gewalttaten, die von Neonazis und Rassist*innen im Bundesland begangen wurden, liegt somit in etwa im Bereich des Vorjahres (96 Angriffe) und weiterhin über dem Niveau vor 2015, als eine rassistische Mobilisierungswelle begann.

Das häufigste Tatmotiv ist nach wie vor Rassismus (64 Angriffe). Attackiert wurden aber auch Menschen, die von der rechten Szene als Gegner*innen wahrgenommen werden (9 Angriffe) sowie nicht-rechte oder alternative Personen (7 Angriffe) . In mindestens 5 Fällen nahmen die Täter die (vermeintliche) sexuelle Orientierung oder Identität der Betroffenen zum Anlass, sie anzugreifen.

»Die reinen Zahlen geben im Vergleich zum Vorjahr wenig neue Auskünfte. Dennoch sehen wir unsere damalige Einschätzung bestätigt, dass nicht von einer Beruhigung ausgegangen werden kann.« sagt Robert Schiedewitz, Mitarbeiter der LOBBI. »Das politische Klima deutet zudem darauf hin, dass zukünftig mit weiteren Angriffen zu rechnen ist. So entstehen im Zusammenhang mit der COVID-19-Pandemie nicht nur neue Verschwörungstheorien, auch rassistisch aufgeladene Schuldzuweisungen haben Konjunktur. Es ist zu befürchten, dass den in sozialen Medien verbreiteten Beschuldigungen etwa gegenüber Nachbar*innen oder Reinigungskräften auch Angriffe folgen könnten.«

Im vergangenen Jahr wurden – häufiger als noch vor wenigen Jahren – Kinder und Jugendliche zum Angriffsziel (mindestens 36 Betroffene). Nicht selten fanden diese Attacken im Schulkontext statt. Die Hansestadt Rostock bleibt landesweit die Schwerpunktregion rechter Angriffe, auch wenn die Zahl mit 22 Attacken nach dem dramatischen Anstieg 2018 (35) wieder deutlich zurückgegangen ist. Es bleibt jedoch erneut anzumerken, dass die LOBBI besonders dort von Angriffen erfährt, wo funktionierende Netzwerke existieren. Immer häufiger fehlen im Arbeitsalltag jedoch Ansätze, Kontakt zu Betroffenen herzustellen und überhaupt ein Beratungsangebot zu unterbreiten – insbesondere dort, wo kaum noch zivilgesellschaftliche Akteure in Erscheinung treten, die oft die wichtigsten Kontaktbrücken zu den direkt Betroffenen sind. So entsteht ein großes Dunkelfeld. Damit sind Angriffe gemeint, die nicht zur Anzeige bei den Behörden gebracht und auch der LOBBI nicht vertraulich gemeldet werden. Dies kann an Unsicherheiten in Folge des Angriffs liegen oder schlichtweg daran, dass ein Gewöhnungseffekt eingetreten ist. »Betroffene nehmen selbst tätliche Angriffe oft nur noch als weitere Feindseligkeit wahr, wie sie sie alltäglich erleben müssen. Gleichzeitig beobachten sie, dass Angriffe in der Öffentlichkeit bagatellisiert oder gar nicht thematisiert werden. Wenn dann auch noch die Erwartungen in ein mögliches Ermittlungsverfahren gen Null gehen, ergibt eine Anzeige für sie wenig Sinn.«

Die LOBBI hat im vergangenen Jahr insgesamt 370 Menschen beraten. Dies waren Betroffene, die 2019 oder bereits in den Vorjahren angegriffen wurden. Aber auch Personen aus deren sozialem Umfeld zählten zu den Beratungsnehmer*innen. »Die Beratungsverhältnisse erstrecken sich nicht selten über Zeiträume von deutlich über einem Jahr. Das liegt nicht zuletzt an der Dauer der Ermittlungsverfahren und daran, dass Gerichtsverhandlungen mitunter erst zwei Jahre nach der eigentlichen Tat stattfinden.«

Hervorzuheben ist die hohe Zahl an Tätigkeiten jenseits der Gewaltberatung. Dies meint Fälle, in denen die Mitarbeiter*innen der LOBBI zu rechten Anfeindungen oder Vorkommnissen beraten, die unterhalb der Gewaltschwelle liegen. Im vergangenen Jahr betraf dies ganz besonders den Umgang mit dem »Nordkreuz«- Komplex. Mehr als 80 Personen wandten sich an die Berater*innen, weil ihr Name auf den Feindeslisten des rechtsterroristischen Netzwerks stand.

Aber auch generell nimmt die Thematisierung rechten Terrors in der Beratung zu. »Gerade ehemalige und potentiell Betroffene reagieren äußerst feinfühlig auf Ereignisse wie dem Mord an dem hessischen CDU-Politiker Lübcke. Nach den Anschlägen von Halle und Hanau ist mit weiterer erheblicher Verunsicherung zu rechnen. Diese wirkt sich selbstverständlich auch auf Unterstützer*innen aus, die den Betroffenen rechter, rassistischer und antisemitischer Gewalt vielerorts immer häufiger fehlen.«, schließt Schiedewitz.

Einen Ausschnitt des Angriffsgeschehens finden Sie in der Chronik rechter Angriffe in Mecklenburg-Vorpommern.

Download: Grafiken zur Angriffsstatistik 2019 [JPG]

Pressemitteilung der Beratungsstellen OBR und BackUp vom 27.04.2020

Mehr Menschen von rechter Gewalt betroffen

2019 gab es in Nordrhein-Westfalen (NRW) 202 rechte Gewalttaten mit mindestens 322 direkt betroffenen Menschen, darunter eine zunehmende Anzahl von Kindern. Dies ist das Ergebnis der Jahresstatistik der Opferberatung Rheinland (OBR) und BackUp, den beiden Beratungsstellen für Betroffene extrem rechter, rassistischer, antisemitischer und anderer menschenfeindlich motivierter (kurz: rechter) Gewalt.

Die beiden Beratungsstellen registrierten 2019 eine leichte Abnahme der rechten Gewalttaten gegenüber dem Vorjahr. Gleichzeitig stieg die Zahl der von dieser Gewalt direkt betroffenen Menschen. So wurden vermehrt Menschen angegriffen, verletzt oder massiv bedroht, die zu zweit oder in größeren Gruppen unterwegs waren. 14 Prozent der Betroffenen waren unter 18 Jahre alt.

Das häufigste Tatmotiv war, wie in den Vorjahren, Rassismus: 67 Prozent aller 2019 registrierten Gewalttaten waren rassistisch motiviert, mindestens 239 Menschen wurden wegen ihrer (vermeintlichen) Herkunft oder Religionszugehörigkeit angegriffen und zum Teil erheblich verletzt. Zu den Betroffenen zählen Menschen, die seit Jahrzehnten ihren Lebensmittelpunkt in NRW haben oder in Deutschland geboren wurden, Schwarze Menschen, Muslim*innen, Rom*nija und Geflüchtete.

Die beiden Beratungsstellen weisen seit Jahren auf das erschreckende Ausmaß rassistischer Gewalt und die zunehmende Unsicherheit betroffener Menschen und Gruppen hin. Sie unterstützen Angegriffene und Geschädigte und fordern in jedem Einzelfall die gesellschaftliche Solidarität mit den Opfern. Dies allein reicht aber aus Sicht der Beratungsstellen nicht: „In NRW könnte die Einrichtung einer oder eines Landesbeauftragten gegen Rassismus eine wichtige Maßnahme sein, um die Notwendigkeit gesamtgesellschaftlicher Solidarität in Politik und Öffentlichkeit bewusster zu machen“, so Birgit Rheims von der OBR.

Angriffe auf sogenannte „politische Gegner*innen“ haben 2019 gegenüber den Vorjahren erneut zugenommen (2019: 46, 2018: 43, 2017: 34). Rund 23 Prozent aller 2019 registrierten Gewalttaten richteten sich gegen Menschen, die sich politisch und zivilgesellschaftlich gegen Rechtsextremismus und Rassismus einsetzen oder für Demokratie, Pluralität und Geflüchtete engagierten.

Die Jahresbilanz 2019 der OBR und BackUp dokumentiert vor allem versuchte Tötungen (6 % der Angriffe), einfache und gefährliche Körperverletzungen 79 %), Brandstiftungen (knapp 3 %) sowie einige Bedrohungen und Sachbeschädigungen (9 %), die aufgrund ihrer massiven Folgen für die Geschädigten als Gewalttat gewertet werden.

Besonders erschreckend war die Gewalttat in Bottrop und Essen zum Jahreswechsel 2018/2019. Ein Mann war aus rassistischen Motiven mehrmals gezielt mit seinem Auto in feiernde Menschengruppen gefahren. Vor dem Landgericht Essen wurde der Täter in zwölf Fällen wegen Mordversuchs angeklagt. Mindestens 69 Menschen waren laut Anklage direkt von der rassistisch motivierten Tat betroffen. „Dass der Täter vor Gericht für schuldunfähig befunden wurde, war für viele schwer zu verkraften. Die Anerkennung einer rassistischen Tat als solche ist für die Betroffenen enorm wichtig, um das Erlebte besser verarbeiten zu können“, sagt Sabrina Carrasco Heiermann von BackUp. „Rassismus muss als solcher benannt werden – auch wenn der Täter psychisch krank ist“.

Download: Hintergrundpapier zum Monitoring rechter Gewalt in NRW 2019 [PDF, 550 KB]
Download: Infografik Rechte Gewalt in NRW 2019 [JPG]

Pressemitteilung der Mobilen Opferberatung Sachsen-Anhalt vom 04.04.2020

Rechtsterroristischer Anschlag in Halle (Saale) ist nur die Spitze des Eisbergs rechter Gewalt.


Alle zwei bis drei Tage wurden in Sachsen-Anhalt Menschen Opfer eines rechten, rassistischen oder antisemitischen Angriffs. „Staat und Gesellschaft dürfen die Betroffenen nicht mit den existenziellen Folgen rechter Gewalt alleine lassen.“

Mehr als fünf Monate nach dem rechtsterroristischen Attentat von Halle (Saale), bei dem am 9. Oktober 2019 die 40-jährige Jana L. und der 20-jährige Kevin S. getötet, drei Menschen verletzt wurden und mindestens 60 Menschen nur durch glückliche Umstände überlebten, fällt die Bilanz rechter Gewalt in Sachsen-Anhalt für das Jahr 2019 dramatisch aus. Mit 133 politisch rechts motivierten Gewalttaten, darunter zwei Morde und mindestens 60-facher versuchter Mord zeigt sich deutlich: Rechte, rassistische oder antifeministische Diskurse und antisemitische Verschwörungstheorien können jederzeit und überall den Resonanzboden für tödliche Gewalt bilden. Die Folgen des Attentats belasten die Hinterbliebenen und Überlebenden schwer – psychisch, körperlich oder auch wirtschaftlich.

„Die Angst vor rechter Gewalt und Terror wächst bei allen Betroffenengruppen. An diesem Eindruck der Schutzlosigkeit haben nicht zuletzt auch die spürbare Normalisierung extrem rechter Diskurse in Gesellschaft und Politik, die jahrelange Missachtung vieler Forderungen von Betroffenen oder ausbleibende Strafverfolgung ihren Anteil“, so eine Sprecherin der Mobilen Opferberatung.

Statistisch gesehen werden mindestens alle zwei bis drei Tage Menschen in Sachsen-Anhalt aus rassistischen und rechten Motiven angegriffen und zum Teil erheblich verletzt. So registrierte die Beratungsstelle für 2019 mit 133 Angriffen zwar erneut einen Rückgang politisch rechts motivierter Gewalt (2018: 173). Allerdings liegt die Zahl der direkt Betroffenen mit 262 über der des Vorjahres (2018: 254). Und wie in den Vorjahren ist davon auszugehen, dass sich die Zahlen für 2019 durch Nachmeldungen noch erhöhen. [1] Darüber hinaus waren mindestens 18 Menschen ebenfalls Ziel eines Angriffs, wurden aber nicht (körperlich) verletzt (indirekt Betroffene). Statistisch nicht erfasst sind Angehörige und Freund*innen von Betroffenen sowie Zeug*innen. Auch diese Menschen leiden oft stark unter den Folgen der Gewalt. Der Anstieg der absoluten Betroffenenzahlen ist – ebenso wie der mehr als doppelt so hohe Frauenanteil (2019: 69; 2018: 34) – vor allem auf die hohe Anzahl von Frauen unter den direkt Betroffenen des Attentats in Halle (Saale) zurückzuführen (36 von insgesamt mindestens 64).

Erschreckend ist auch die weiterhin hohe Zahl von Minderjährigen, die meist aus rassistischen Motiven heraus angegriffen und verletzt wurden. So waren 49 der direkt Betroffenen in 2019 unter 18 Jahre alt (2018: 47). Darunter befanden sich 17 Kinder (2018: 15), wie zum Beispiel ein 13-jähriger Junge, der am 16. August 2019 in Halle (Saale) in einem Einkaufszentrum von einem älteren Mann nach rassistischen Beleidigungen zwei Mal mit der flachen Hand ins Gesicht geschlagen wurde.

„Mahnwachen, Polizeischutz und Versprechen reichen nicht aus, um der Situation von Betroffenen gerecht zu werden. Nur wenn sie sich ganz selbstverständlich als anerkannter Teil dieser Gesellschaft fühlen können, wird sich etwas verändern“, erklärt die Sprecherin und ergänzt:

„Die Forderungen von Migrant*innenselbstorganisationen müssen endlich ernst genommen und umgesetzt werden. Das heißt u.a.: eine gesamtgesellschaftliche Strategie gegen Rassismus, Antisemitismus und Rechtsterrorismus, ein verbrieftes Recht auf Teilhabe, Wahlrecht für alle und ein modernes Staatsangehörigkeitsrecht.“ [2].

Erneut zwei Drittel rassistisch motivierte Gewalt

Wie das Jahr davor waren auch in 2019 zwei Drittel der von der Mobilen Opferberatung registrierten Angriffe rassistisch motiviert (90). Das weist auf eine erschreckend hohe Gewaltbereitschaft gegenüber all denjenigen hin, die nach Sachsen-Anhalt flüchten mussten, als People of Color gelesen werden oder denen eine nicht-deutsche Herkunft zugeschrieben wird. Dabei kommen die Angriffe für Betroffene oft völlig aus dem Nichts: So wie am 1. Juni 2019 in Genthin (Jerichower Land), als ein Transporter nachts plötzlich neben zwei 19- und 22-jährigen syrischen Geflüchteten stoppte, drei Unbekannte ausstiegen, mit Fäusten gegen ihre Köpfe schlugen und sie mit einem Messer bedrohten.

Daneben betrafen 17 Prozent der Angriffe Menschen, die als (vermeintliche) politische Gegner*innen angegriffen wurden (2019: 23, 2018: 31), also vor allem Personen, die sich gegen die extreme Rechte oder Rassismus engagieren oder aber zivilcouragiert einschreiten. Wie am 18. April in Naumburg (Burgenlandkreis), als ein 15-Jähriger am Nachmittag einen Unbekannten wegen seines „Sieg Heil!“-Rufs zur Rede stellen wollte und daraufhin von zwei Angreifern geschlagen wurde.

Auffällig in 2019 war ein Anstieg der LGBTIQ-feindlichen Gewalt im Vergleich zum Vorjahr von zwei auf acht Angriffe. Die von der Beratungsstelle dokumentierten sechs Körperverletzungen und zwei massiven Bedrohungen wurden bis auf einen Angriff alle in Magdeburg und Halle (Saale) registriert und richteten sich auch gegen schwule und transgeschlechtliche Geflüchtete. So wurde am 21. Juli eine 15-jährige syrische Trans*Jugendliche in Magdeburg auf dem Nachhauseweg von zwei anderen Jugendlichen beleidigt, geschlagen und getreten.

„Lesbische, schwule oder trans* Geflüchtete stehen vor zusätzlichen Herausforderungen und benötigen besonderen Schutz, der in Sachsen-Anhalt bisher nicht ausreichend geschaffen wurde. So fehlt es zum Beispiel an speziellen Schutzwohnungen“, kritisiert eine Sprecherin der Mobilen Opferberatung.

Defizite in polizeilicher Erfassung und Strafverfolgung

Seit Jahren konstatiert die Mobile Opferberatung ein behördliches Wahrnehmungsdefizit bei der Erfassung politisch rechts motivierter Angriffe in Sachsen-Anhalt. Nach Auswertung der vorläufigen Zahlen des Landeskriminalamts Sachsen-Anhalt3 wurden bisher nur etwa die Hälfte der von der Beratungsstelle dokumentierten und auch den Ermittlungsbehörden bekannten 125 Fälle der politisch rechts motivierten Kriminalität (PMK-rechts) zugeordnet. Weiterhin scheint der vom NSU-Untersuchungsausschuss des Bundestags 2013 empfohlene Informationsaustausch zwischen Polizei und Justiz noch nicht ausreichend umgesetzt. So fehlen in der polizeilichen Statistik momentan auch 13 Angriffe, die von den Staatsanwaltschaften des Landes Sachsen-Anhalt als PMK-rechts gewertet wurden. Zum Beispiel die gefährliche Körperverletzung am 11. Februar 2019 in Oschersleben (Börde), wo zwei 20- und 24-jährige syrische Geflüchtete am Bahnhof von einer Gruppe u.a. mit einer Metallkette bewaffneter Männer geschlagen und zu Boden getreten wurden. Oder die Faustschläge ins Gesicht eines 19-jährigen syrischen Mitschülers am 11. März 2019 in Magdeburg, der zuvor noch rassistisch beleidigt wurde.

Auch an den Defiziten in der strafrechtlichen Verfolgung politisch rechts motivierter Gewalt hat sich in 2019 wenig geändert. Betroffene müssen weiterhin erleben, dass die Angriffe gegen sie nicht geahndet werden, sei es wegen oft mehrjähriger Verfahren, die dann mit Freisprüchen enden oder weil die Staatsanwaltschaften Verfahren entgegen geltender Richtlinie4 einstellen. So im Fall eines Angriffs auf zwei Frauen, die am 17. Oktober 2019 in Halle (Saale) in der Straßenbahn intervenierten, als ein Mann drei Schwarze Menschen massiv rassistisch beleidigte. Beide Frauen wurden daraufhin ebenfalls angegriffen und verletzt. Das Verfahren gegen den 39-Jährigen wurde von der Staatsanwaltschaft Halle jedoch nach § 154 Abs. 1 StPO eingestellt. Der Angreifer kann dadurch für diese konkrete Tat nicht vor Gericht zur Verantwortung gezogen werden. Dabei hatten die Betroffenen gehofft, in einem öffentlichen Verfahren aufzeigen zu können, dass solidarisches Eingreifen während rassistischer Angriffe möglich und nötig ist.

„Die Rede von konsequenter Strafverfolgung gegen rechte, rassistische und antisemitische Gewalt wird zur Farce, wenn bereits vorhandene Möglichkeiten nicht umgesetzt werden“, resümiert eine Sprecherin der Mobilen Opferberatung. „Betroffene fragen sich immer öfter, ob eine Strafanzeige überhaupt noch Konsequenzen für die Täter hat und fühlen sich von der Justiz im Stich gelassen“, ergänzt die Sprecherin.

In unserem Hintergrundpapier zur Jahresstatistik 2019 finden sich weitere Analysen, Beispiele und Grafiken.

Über uns:

Die Mobile Opferberatung als spezialisierte Fachberatungsstelle für Betroffene rechter, rassistischer und antisemitischer Gewalt in Trägerschaft von Miteinander – Netzwerk für Demokratie und Weltoffenheit in Sachsen-Anhalt e.V. gibt es bereits seit 2001. Ihre Arbeit wird über das Bundesprogramm „Demokratie leben!“ sowie das Ministerium für Arbeit, Soziales und Integration des Landes Sachsen-Anhalt finanziert.

Fußnoten:

1 Zur Veröffentlichung der Jahresstatistik für 2018 Ende März 2019 hatte die Mobile Opferberatung 154 rechte Gewalttaten dokumentiert.
2 siehe auch Manifest für eine plurale Gesellschaft der neuen deutschen organisationen e.V. vom 20.02.2020
3 Vgl. Antworten der Landesregierung zu den von der Polizei registrierten Gewaltstraftaten und Straftaten im Themenfeld „Hasskriminalität“ und PMK rechts monatlich und quartalsweise. Die endgültigen Zahlen für 2019 liegen noch nicht vor.
4 Richtlinie über die Verfolgung politisch motivierter Straftäter, Bek. des MJ vom 13.09.2011 – 4201- 402.141, MBI LSA Teilausgabe B, 122, 163 ff.

Interaktive Grafiken:

Pressemitteilung der Beratungsstelle Support des RAA Sachsen e.V. vom 07.03.2019

Rechtsmotivierte und rassistische Gewalt in Sachsen 2019

Im Jahr 2019 zählten die Opferberatungsstellen in Sachsen 226 rechtsmotivierte und rassistische Angriffe. Damit sank die Zahl im Vergleich zum Vorjahr (317) um 29%. 276 Menschen waren von diesen Angriffen direkt betroffen. Im 10-Jahresverlauf hält sich die Anzahl rechtsmotivierter und rassistischer Angriffe in Sachsen unverändert auf einem anhaltend hohen Niveau.

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Angriffe im Überblick

Im Jahr 2019 wurden in Sachsen 226 rechtsmotivierte und rassistische Angriffe verübt. Damit sank die Zahl im Vergleich zum Vorjahr (317) um 29%. 276 Menschen waren von diesen Angriffen direkt betroffen. Im 10-Jahresverlauf hält sich die Anzahl rechtsmotivierter und rassistischer Angriffe in Sachsen unverändert auf einem anhaltend hohen Niveau von durchschnittlich 240 Angriffen im Jahr mit anlassbedingten Ausschlägen nach oben oder unten. So liegen die überdurchschnittlich hohen Angriffszahlen 2015 und 2016 im zugespitzten Diskurs und in den rassistischen Mobilisierungen gegen die Aufnahme Geflüchteter begründet, während der Anstieg 2018 vor allem in den rassistischen Ausschreitungen in Chemnitz in August und September seine Ursache hatte.

Für das Jahr 2019 lassen sich rückblickend keine spezifischen Schwerpunkte, weder regional, noch thematisch ausmachen. Stattdessen zeigt sich ein unveränderter gesellschaftlicher Zustand in Sachsen (und darüber hinaus), der sich durch einen nach rechts verschobenen Diskurs, in Teilen offen artikulierten Rassismus und nicht zuletzt durch eine gewachsene Einflussnahme durch die AfD in Kommunalparlamenten und Landtag geprägt ist. Zudem wurden 2019 zwei rechtsterroristischen Anschläge verübt: der Mord an Walter Lübcke in Kassel und der Anschlag auf eine Synagoge und ein Dönerlokal in Halle. Auch traten wiederholt rechtsterroristische Netzwerke, in Erscheinung, die sich mit sogenannten Feindeslisten, Waffen, Munition, Leichensäcken und Ätzkalk offenbar auf einen Tag X vorbereiteten.

In diesem gesellschaftlichen Klima sind Betroffene mit Anfeindungen, und Alltagsrassismus konfrontiert, die in ihren Wirkungen auf Betroffene, Community und Gesellschaft kaum weniger folgenreich sind, als physische Gewalttaten, die in die vorliegende Statistik rechtsmotivierter und rassistischer Gewalt einfließen.

Von den 226 Angriffen sind 276 Menschen direkt betroffen gewesen. Zum größten Teil waren dies Männer (162) und in erster Linie Erwachsene (197), aber auch Jugendliche (13) und Kinder (17) wurden aus rechten Motiven angegriffen. Zwar ging die Gewalt gegen Kinder im Vergleich zum Vorjahr (65) deutlich zurück, dennoch zeugen Angriffe auf Kinder von der besonderen Verrohung aufgrund von Ideologien der Ungleichwertigkeit.

Die 17 Kinder waren in elf Fällen rechtsmotivierter Gewalt direkt betroffen. Diese elf Angriffe waren bis auf zwei Ausnahmen alle rassistisch motiviert. In fünf Fällen handelte es sich Bedrohungen zum überwiegenden Teil in der Nachbarschaft. In sechs Fällen wurden Kinder körperlich attackiert, zwei besonders drastische Angriffe wurden in Dresden und in Sebnitz, Landkreis Sächsische Schweiz-Osterzgebirge verübt.

Der Anteil der Fälle, in denen Anzeige erstattet wurde, beläuft sich wie auch in den zurückliegenden Jahren bei ca. ¾, d.h. 172 der Angriffe sind polizeibekannt, lediglich 40 wurden nicht angezeigt, in 14 ist es nicht bekannt. Von diesen 172 polizeibekannten Gewalttaten sind aktuell 100 Fälle auch offiziell als PMK rechts gewertet, soweit dies aus den vom Innenministerium im Zuge monatlicher kleiner Anfragen im Sächsischen Landtag herausgegebenen Straftaten im Phänomenbereich „Politisch motivierte Kriminalität – rechts“ hervorgeht.

Regionale Verteilung und Schwerpunkte

Nachdem der Schwerpunkt der Gewalt im Jahr 2018 mit einer Vervierfachung der Angriffszahlen in der Stadt Chemnitz (79) lag, reduzierte sich diese dort um 75% wieder auf 19 Angriffe im Jahr 2019. Schwerpunkt waren im zurückliegenden Jahr erneut die Großstädte Leipzig (62) und Dresden (53).

Gleichauf mit der Stadt Chemnitz liegt der Landkreis Leipzig (20) der kontinuierlich eine Schwerpunktregion rechter Gewalt in Sachsen darstellt. Auch die Landkreise Nordsachsen (13), Bautzen (12) und Erzgebirge (12) weisen seit Jahren hohe Angriffszahlen auf, so auch wieder 2019, gefolgt von den Landkreisen Zwickau (9), Sächsische Schweiz-Osterzgebirge (8) und Görlitz (7). Die Landkreise Mittelsachsen (3) und Meißen (3) verbleiben auf niedrigem Niveau wie auch der Vogtlandkreis (5) nach einem deutlichen Rückgang um knapp 70% im Vergleich zu 2018. Während überall die Angriffszahlen zum Teil stark zurückgingen, verdreifachte sich die Anzahl dagegen im Erzgebirgskreis.

Auch im Verhältnis zur Einwohner*innenzahl bleibt das Bild der Schwerpunkte rechter Gewalt in Sachsen erhalten. Je 100.000 Einwohner*innen wurden in Leipzig 11,9, in Dresden 10,1 und in Chemnitz 7,9 Angriffe verübt. Der Landkreis Leipzig sticht mit 7,7 und der Landkreis Nordsachsen mit 6,5 Angriffen hervor. Erst mit deutlichem Abstand folgen wie auch in absoluten Zahlen die Landkreise Bautzen (3,9), Erzgebirge (3,4) und Sächsische Schweiz-Osterzgebirge (3,3).

Straftatbestände und Tatmotive

Überwiegend handelte es sich bei den Angriffen 2019 um Körperverletzungsdelikte (153), in 55 Fällen um eine Nötigung oder Bedrohung. Eine Brandstiftung wurde verübt, 11 massive Sachbeschädigungen und 6 Sonstige Gewalttaten, wie Raub oder Landfriedensbruch.

Seit 2014 sind ca. 2/3 der Angriffe aufgrund von Rassismus, darunter antimuslimischer, antiromaistischer und antischwarzer Rassismus, verübt wurden, so auch 2019. Rassismus ist in 138 Fällen das Tatmotiv gewesen, 45 Angriffe richteten sich gegen politische Gegner*innen. In 25 Fälle richtete sich die Gewalt gegen Nichtrechte und Alternative, in sechs Fällen gegen Menschen aufgrund ihrer sexuellen Orientierung/geschlechtlichen Identität. Ein Angriff war antisemitisch motiviert und einer war gegen einen Menschen mit Behinderung gerichtet. In zehn Fällen blieb das konkrete Tatmotiv unklar, zumeist aufgrund mangelnder Angaben zum Themenfeld in den Antworten auf die monatlichen kleinen Anfragen zu PMK rechts im Sächsischen Landtag.

Angriffsorte

2019 wurde ein Viertel der Angriffe im öffentlichen Raum verübt. 25 Angriffe wurden in der Wohnung oder im Wohnumfeld verübt und weitere 34 Angriffe in öffentlichen Verkehrsmitteln oder an Bahnhöfen und Haltestellen. Die Angriffe im Umfeld von Demonstrationen sind im Vergleich zu 2018 wieder deutlich zurückgegangen, wenn auch 16 Angriffe nach wie vor Demonstrationen zu einem signifikanten Ort rechter Angriffe machen. Mit 9 von 16 Angriffen bildet hier Dresden, mit den noch immer stattfindenden Pegida-Demonstrationen einen Schwerpunkt. Hoch ist weiterhin die Zahl der Angriffe auf Wohnungen bzw. im Wohnumfeld. Das dominierende Tatmotiv hier ist Rassismus (76%) und regionale Schwerpunkte sind hier eindeutig die Großstädte Dresden (7) und Leipzig (8). Bei diesen Angriffen im Wohnumfeld handelte es sich um Bedrohungen und Nötigungen (13), Körperverletzungen (8), eine Brandstiftung und drei massive Sachbeschädigungen. Die 34 Angriffe in öffentlichen Verkehrsmitteln oder an Bahnhöfen und Haltestellen waren zum weit überwiegenden Teil rassistisch motivierte (28) Körperverletzungsdelikte (27). Auch hier sind die Großstädte Dresden (12) und Leipzig (11) mit Abstand Schwerpunkt.

Beratung Betroffener rechtsmotivierte und rassistischer Angriffe 2019

2019 unterstützten, begleiteten und berieten die Beratungsstellen des RAA Sachsen e.V. in insgesamt 254 Beratungsfällen. In diesen 254 Beratungsfällen wurden 361 Menschen beraten, sowohl Betroffene als auch Angehörige, Freund_innen oder Zeug_innen. 76 der laufenden Beratungsfälle konnten abgeschlossen werden. 179 Beratungsfälle wurden im Jahr 2019 insgesamt neu begonnen.

Während in 153 Beratungsfällen ein Angriff den Anlass für Betroffene bildete, Unterstützung in den Beratungsstellen zu suchen, lagen in 101 Fällen kein Angriff im Sinne unserer Gewaltdefinition vor. Es gab einen anderen Beratungsanlass, z.B. Bedrohungen unterhalb der Gewalttat, Beleidigung, Diskriminierung oder rechtliche Fragen.

Die 153 Angriffe, die den Beratungsfällen zugrunde liegen, stammen nicht alle aus dem Jahr 2019. Es können ebenso Angriffe aus vergangenen Jahren sein, deren Betroffene jedoch noch immer von den Beratungsstellen unterstützt werden.

Ein Beratungsfall kann sich je nach polizeilicher Aufklärung, juristischer Strafverfolgung oder notwendiger psychosozialer Beratung über mehrere Jahre erstrecken. Entscheidend für das Einfließen in die hier vorliegende Beratungsstatistik ist mindestens eine im Jahr 2019 erfolgte Unterstützungsleistung.

62 der 153 Angriffe, die Anlass von Beratungsfällen sind, fanden im Jahr 2019 statt. Das heißt auch, dass in 27% der im Jahr 2019 gezählten Angriffe (226) Betroffene Beratung des RAA Sachsen e.V. in Anspruch nahmen.

Bei den 153 Angriffen, in denen Betroffene unterstützt wurden, handelte es sich überwiegend um rassistisch motivierte Köperverletzungen. Aber auch in 3 zurückliegenden Mordfällen wurde beraten.

Beratungsnehmende und Unterstützungen

Beratung nahmen sowohl 319 Betroffene als auch 48 Andere Personen (Angehörige, Freund_innen, Zeug_innen …), also insgesamt 367 Menschen in Anspruch. Die 319 Betroffenen, die im Jahr 2019 durch die Opferberatungsstellen begleitet und unterstützt wurden, sind zum Großteil betroffenen von Rassismus. Die Beratungsnehmenden waren zu 61% männlich und zu 66% zwischen 18 und 40 Jahren alt. Auch Kinder und Jugendliche wurden beraten. 69% der Beratungsnehmenden waren von Rassismus betroffen.

Zu den Beratungstätigkeiten der Opferberatungsstellen gehören vor allem Beratungsgespräche, Unterstützung bei Polizei, Staatsanwaltschaft und Gericht, die direkte Begleitung zur Polizei oder zu Gerichtsverfahren. Außerdem vermitteln und begleiten die Berater*innen zu Rechtsanwält*innen oder auch Ärzt*innen und Psycholog*innen. Auch die Vermittlung zu weiteren passenden Angeboten gehört dazu. In vielen Fällen ist die Organisation von Dolmetschern notwendig.

Eine ausführliche Darstellung der Angriffsstatistik inklusive verschiedener Grafiken ist hier abrufbar.

Pressemitteilung der Beratungsstelle zebra e.V. vom 26.03.2020

Mehr Menschen in Schleswig-Holstein von rechter Gewalt betroffen

zebra – Zentrum für Betroffene rechter Angriffe präsentiert die Ergebnisse des landesweiten Monitorings für 2019

Seit Beginn des Jahres 2017 wird von zebra – Zentrum für Betroffene rechter Angriffe ein systematisches und unabhängiges Monitoring durchgeführt. Die daraus resultierende Statistik beinhaltet Körperverletzungen, massive Sachbeschädigungen sowie andere Gewalttaten mit erheblichen Folgen, denen eine politisch rechte, rassistische oder antisemitische Motivation zugrunde liegt.

Im Jahr 2019 wurden von zebra 57 rechte, rassistische und antisemitische Gewalttaten registriert, von denen 113 Menschen betroffen waren. Damit ist die Zahl jener Menschen, die von rechter Gewalt betroffen waren, im Vergleich zu 2018 um 61 % angestiegen. Politische Gegnerinnen und Gegner sowie Menschen, die von Rassismus betroffen sind, stellen weiterhin die beiden zentralen Betroffenengruppen dar. Auch 19 Kinder und Jugendliche waren von Vorfällen betroffen.

Die höheren Zahlen decken sich mit der gestiegenen Nachfrage nach Beratungs- und Unterstützungsgesprächen. Kai Stoltmann, Berater bei zebra – Zentrum für Betroffene rechter Angriffe, sagt dazu: „Gerade die wieder gestiegene Anzahl der Angriffe auf politische Gegnerinnen und Gegner macht deutlich, dass die politische Auseinandersetzung von rechten Akteuren mit hoher Schärfe geführt wird.“

Zur regionalen Verteilung der Gewalttaten ergänzt er: „In Bad Segeberg beobachten wir einen erheblichen Anstieg der rechten und rassistischen Gewalttaten. Das schreiben wir den Angriffen der extrem rechten Gruppierung Aryan Circle zu, die dort seit letztem Jahr aktiv ist.“

Das Monitoring für Schleswig-Holstein basiert auf den Kriterien des VBRG – Verband der Beratungsstellen für Opfer rechter, rassistischer und antisemitischer Gewalt. Demnach liegen den Zahlen direkte Kontakte mit den Betroffenen oder aber externe vertrauenswürdige Quellen zugrunde. Trotz dieser Vorgehensweise ist von einem großen Dunkelfeld auszugehen, die genannten Zahlen stellen somit nur die Spitze des Eisbergs dar.

Die Statistik von zebra wird mit den Daten des Landeskriminalamtes abgeglichen. Zum vierten Quartal 2019 war dies aufgrund der Coronapandemie noch nicht möglich. Folglich könnte es in den letzten drei Monaten des Jahres noch zu Nachmeldungen kommen.

Betroffene von rechten Angriffen nach Geschlecht. Betroffene Kinder und Jugendliche Rechte Gewalt nach Kreisen Quartale Tatbestände Tatmotive Tatmotive nach Landkreisen

Pressemitteilung der Opferberatungsstelle ezra vom 18.03.2020

Opferberatungsstelle ezra registriert 713 rechte, rassistische und antisemitische Angriffe seit 2015 in Thüringen

Seit der rassistischen Mobilisierung im Jahr 2015 durch beispielsweise „Thügida“ und AfD hat ezra, die Beratung für Betroffene rechter, rassistischer und antisemitischer Gewalt in Thüringen, 713 rechtsmotivierte Angriffe gezählt. Im Vergleich zu 2018 (166) registrierte die Thüringer Opferberatungsstelle für das Jahr 2019 einen Rückgang auf 108 Fälle rechter, rassistischer und antisemitischer Gewalt. Das häufigste Tatmotiv bleibt Rassismus, gefolgt von Angriffen gegen politische Gegner*innen. Die meisten Angriffe wurden wieder in Erfurt, Jena und im Landkreis Saalfeld-Rudolstadt gezählt. Insgesamt waren mindestens 155 Menschen in 2019 von rechter Gewalt in Thüringen betroffen.

„Auch 2019 bleibt rechte Gewalt in Thüringen auf dem erschreckend hohen Niveau der letzten Jahre und liegt damit weitaus höher als in den Jahren vor 2015. Die Gefahr von rechtsterroristischen Anschlägen ist extrem hoch. Der Rückgang zum Vorjahr ist mit Vorsicht zu bewerten“, warnt Franz Zobel, Projektkoordinator von ezra. Die Opferberatungsstelle geht von einer hohen Dunkelziffer aus. Ein Grund hierfür wird in der zunehmenden Normalisierung rechter und rassistischer Gewalt gesehen.  Diese kann insbesondere bei fehlenden Konsequenzen für die Täter*innen zu Resignation bei den Betroffenen sowie Vertrauensverlust gegenüber Ermittlungsbehörden und Justiz führen, wodurch zum Beispiel Angriffe erst gar nicht zur Anzeige gebracht werden. Hinzu kommt „ein Klima der Angst, welches durch konkrete Erfahrungen im Alltag geprägt ist, wie rassistische Beleidigungen auf der Straße oder rechte Hetze im Internet, die in keiner Statistik in Thüringen erfasst werden“, ergänzt der Projektkoordinator.

Festzuhalten bleibt, „dass rechte und rassistische Gewalt seit Jahren eskalieren und entsprechende Konsequenzen nicht gezogen wurden. Als Antwort auf die schwerwiegende Krise für Demokratie und Menschenrechte braucht es jetzt dringend eine parteiübergreifende Allianz, die die Perspektiven und Forderungen der Betroffenen in den Mittelpunkt stellt und endlich konkrete Maßnahmen umsetzt“, fordert Zobel. Viele der Forderungen von Betroffenen finden sich in den Handlungsempfehlungen der beiden Thüringer NSU-Untersuchungsausschüsse und der Enquetekommission „Rassismus und Diskriminierung“ wieder, die zum großen Teil bis heute nicht umgesetzt wurden. Der ezra-Projektkoordinator spricht von einem „Reformstau, den zahlreiche Menschen tagtäglich auf grausame Art und Weise zu spüren bekommen.“

Ein weiteres Problem sieht die Opferberatungsstelle in der mangelnden Rechtsdurchsetzung durch Ermittlungsbehörden und Justiz. Wenn beispielsweise sechs Jahre nach dem brutalen Angriff durch militante Neonazis auf eine Kirmesgesellschaft im Februar 2014 in Ballstädt noch keine*r der verurteilten Täter*innen in Haft sitzt, „ist das nicht nur für die Betroffenen eine enorme Belastung, sondern signalisiert organisierten Rassist*innen und Neonazis, dass sie keine Konsequenzen für ihre Taten zu befürchten haben“, erklärt Zobel.

Abschließend wirbt Zobel für mehr Solidarität mit den Betroffenen von Rassismus, Antisemitismus, rechter Hetze und Gewalt. Es brauche „eine Kultur der Solidarität, die den Betroffenen in diesen Zeiten Hoffnung gibt, wodurch sie konkrete Unterstützung erfahren“, appelliert der Projektkoordinator an die Verantwortung jedes*r Einzelnen. Diese habe sich zum Beispiel nach den Ereignissen am 5. Februar im Thüringer Landtag oder dem rechtsterroristischen Anschlag in Hanau an verschiedenen Orten in Thüringen gezeigt.

In die Statistik von ezra werden nur die Fälle aufgenommen, bei denen anhand fester Kriterien, die durch den Verband der Beratungsstellen für Betroffene rechter, rassistischer und antisemitischer Gewalt e.V. (VBRG) als Qualitätsstandards gesetzt wurden und die sich an der Definition des Bundeskriminalamts zu „Politisch motivierter Kriminalität – rechts“ orientieren, ein rechtes Tatmotiv erkennbar ist. Nicht alle Fälle, die in der ezra-Chronik veröffentlicht werden, fließen in die Statistik ein und umgekehrt.

ezra arbeitet in Trägerschaft der Evangelischen Kirche in Mitteldeutschland (EKM). Seit April 2011 unterstützt die Beratungsstelle Menschen, die angegriffen werden, weil Täter*innen sie einer von ihnen abgelehnten Personengruppe zuordnen. Im Jahr 2019 wurden 176 Menschen von ezra beraten. Finanziert wird die Opferberatungsstelle über das Bundesprogramm „Demokratie leben!“ und das Thüringer Landesprogramm für Demokratie, Toleranz und Weltoffenheit „DenkBunt“.

Download: Pressemappe mit Pressemitteilung und Grafiken [PDF]